Aus dem Tagebuch eines Gehetzten

Cover Vorderseite(1)

Aus dem Tagebuch eines Gehetzten
Dialoge

Bei dem „Gehetzten“ handelt es sich um einen Müßiggänger einer ausgeprägten Güteklasse. Der Geselle ist ein Räuber kostbarer Zeiten, ein Trittbrettfahrer, ein Opportunist, der es sich Zeit seines Lebens immer gern als ein unauffälliger Gast an gedeckten Tischen gemütlich macht. Sollte die Stunde einer Gegenleistung einmal für ihn einmal schlagen, findet er immer Wege, sich schnell und unsichtbar durch die Mitte zu verdünnisieren. Und danach ward er nicht wieder gesehen.
So geschah es eines Tages, dass die feine Schnüfflernase unseres Gesellen wieder einmal eine reichlich gedeckte Tafel, prall gefüllt mit Appetitlichkeiten in nicht allzu weiter Ferne erahnte.
„Wie gut“, so dachte der Bemühte mit wässriger Zunge,
„hier scheint es Gesottenes und Gebratenes nach meinem Geschmack zu geben, welches einem Hungrigen, wie ich es bin, Sattheit für den Rest des Tages verspricht“.
Doch vor Erreichung seines mit Geschenken beladenen Zieles, fügte es sich, dass der Eilende einen rauschend grünen Blätterwald durchquerte. Es war, wie schon erwähnt, nicht sehr weit, als ihn plötzlich inmitten dieser üppigen Pflanzenwelt ein Grusel überfiel, den er gar nicht abzuschütteln vermochte.
„Was ist denn das?“, so bescherten ihm flackernde Gedanken ein aufkeimendes Stimmungstief.
Tapfer stapfte der Geselle dennoch weiter, bis sich das Grauen um ihn herum sehr deutlich vermehrte. An einer kleinen Lichtung, da stand er nun und baute sich vor ihm auf.
Er, der ihm nun unüberwindbar seinen Weg versperrte. Es war
der Tod.

Gespräch mit dem Tod

Geselle: Gevatter, geh‘, was willst denn du von mir ?
Gevatter Tod:
Ich bin gekommen, um dich aus diesem Leben auszulösen, denn ich sehe nicht, dass dein Tun, irgendjemandem Nutzen verspricht.
Geselle:
Ich wusste nie, dass Euro Worte grobe Lügen strafen, siehst du denn nicht, wie ich mich mühe, zarte Pflanzen zu strammen, windschnittigen Gewächsen zu bewegen und harte Arbeit mit den verkrümmten Gliedern meiner arbeitsamen Knochen bezahle.
Gevatter Tod:
Hüte deine lose Zunge, Verlorener, denn du bist ein Träumer, der sich lieber mit scharrenden Hufen nach Zerstreuung in dem Windschatten luftiger Wolken bewegt und sich mit geweiteten Lippen leerer Taten rühmt, dabei eine klägliche Meute von willfährigen Anhängern um sich versammelt. Du hast ausgestreckte Hände, die flehend um deine Hilfe baten, nur achtlos beiseite geschoben. Saatgut, hungrig nach Leben noch roh verschlungen, anstatt mit nährender Pflege
der Kraft ihres Wachstums zu zollen. Nun ist genug, schwing deine Füße, denn der Weg ist weit, den wir noch vor uns haben.
Geselle:
Hab’ nur einmal Erbarmen und lass mich meine Fehler bereuen, ich will mich verbessern und mein Leben verändern, denn ich habe plötzlich das leuchtende Licht der Liebe gesehen,
und eine Zärtlichkeit gefühlt, die nie dagewesen und mein Herz endlich mit Sinn erfüllt.
Lass mich jäten, säen, pflanzen und ernten und wir werden deinen Weg eines Tages gemeinsam als Freunde begehen.
Gevatter Tod:
Nun gut, vor dem gleißenden Licht der Liebe trete ich respektvoll zur Seite, aber hab acht vor der lüsternen Versuchung deiner Worte Schwäche und dem Spiel der Taten,
die wankelmütig allzu leicht in den Sumpf der Verleugnung geraten, denn mein sind die Finsternis und die Macht, mit dem vermissenden Mumm zum Willen
für immer abzurechen.

Cover Rückseite