Covertext
Demia Skarlinsky ist Beraterin für Lebens- und Partnerschaftsfragen. Sie wird eines Tages von Liza aufgesucht, die ihr Leben nicht so richtig zu meistern versteht. Im Zuge ihrer Schilderungen, warum sie im Alltag immer wieder den gleichen Stolpersteinen begegnet, berichtet Liza bald von einer geheimnisvollen Gruppe, die sich „The people of Saytana“ nennt. Auch weiht Liza Skarlinsky in das Geheimnis ein, wie diese Gruppe zu Geld gekommen ist, nämlich mit Hilfe einer wundersamen mexikanischen Heilpflanze. Skarlinsky hält Lizas „People of Saytana“ für Hirngespinste, für Lizas geistige Spielgefährten, damit sie in ihrem ungelenken Leben zumindest in der Phantasie einmal auf der Gewinnerstraße marschiert……..bis Skarlinsky eines Tages eine unheimliche Entdeckung macht.
Ein Krimi ohne Blutvergießen, bei dem die Autorin die Leser über einen artenreichen Dschungel verschiedener Erzählformen führt. Die Welt von „Saytana“ ist nicht nur geheim mystisch sondern auch formal sachlich daneben auch skurril und hier und da auch ein wenig schräg.
Leseprobe
Guatemala
Vor ein paar Tagen bin ich hier angekommen. Es ist ein zauberhafter kleiner Ort, eingebettet in eine Landschaft, die nicht den Menschen gehört, sondern den Vulkanen, die mit ihrer sanften Dominanz als lückenlose Kette den Ort umschließen, als wollten sie ihn schützen. Ich blicke von meinem Fenster aus auf die schwungvollen, grün bewachsenen Hügel und spüre wie sie mich rufen, mich einladen, mit ihnen eine Gemeinschaft zu bilden. Sie vermitteln mir Geborgenheit und damit das Gefühl, „Dies ist mein wahres zu Hause“. Als ich das Flughafengebäude mit meinem Gepäck verlassen hatte, wurde ich direkt von einem Fahrer mit einem kleinen Minitransporter in Empfang genommen. Während der Fahrt ließ ich meinen Blick über die Straßen der Metropole wandern. Sie erweckt den Eindruck, als würde sie nahezu genötigt, die prahlerische Üppigkeit der nordamerikanischen Großstädte nach zu ahmen, was ihr zwangsläufig misslingen muß. Viele der halbfertigen Fassaden, die trotz ihrer Unvollständigkeit wie saftlose, verwitterte Greise erscheinen, lösen in mir ein Gefühl des Mitleids und einer traurigen Leere aus. Denn diese Metropole wird mit den Großstädten Nordamerikas niemals mithalten können, und sie wird vielleicht nie aufhören, es zu versuchen.
Heute Nachmittag hat er erstmalig sanft, ganz sanft und langsam meine Wange berührt, ist darüber gestrichen, als wollte er sie für eine bestimmte Absicht prüfen. Sein Blick war in meine Augen vertieft. So sah er mich an, ernst und eindringlich. Ich schwebte und spürte gleichzeitig Hitze in meinem Schoß. Es dauert nicht mehr lange und ich gehöre dazu. Dann bin ich ein Teil von ihnen. Ich hoffe es, denn ich muss mich bewähren. Ich muss zeigen, dass ich ihrer würdig bin, dass ich eines Tages in der Lage sein werde, ihr Wissen zu verstehen, es zu meinem eigenen zu machen. Nämlich dann, wenn ich bereit bin ihre Botschaft zu verinnerlichen und darüber hinaus fähig sein werde, diese anzuwenden und sogar noch zu verbreiten und dies mit Überzeugung. Dann darf ich vielleicht auch tiefer in das ewige Buch blicken. Das Buch, das den Einblick in wundersame Heillehren schenkt und darüber hinaus die Möglichkeit, diese an alle Menschen weiterzugeben, die bereit sein werden. Doch bis dahin muss ich noch meinen ganz eigenen Weg beschreiten.
Heute durfte ich bereits einen Blick auf sie werfen. Sie ist wirklich wunderschön. Ich habe noch nie eine solche Frau gesehen. Die späte Nachmittagssonne überflutete ihr schwarzes Haar mit einem blauen Licht, daß ich überwältigt in ein mythisch anmutendes, farbliches Wechselspiel zwischen Blau und Schwarz starrte. Als ich meinen Blick von ihr abwandte, hatte ich fast Schwierigkeiten, mich in der Realität wieder zurecht zu finden. Und das ist doch bis jetzt in meinem Leben noch nie ein Problem gewesen. Ich wurde aufgefordert, meinen Weg bis hierhin festzuhalten. Man bat mich einen Bericht zu erstellen darüber, was ich erlebt habe, mit wem, welche Personen mir vorgestellt wurden und wie sie am Ende doch mein Leben beeinflussten. Und dieser Aufforderung möchte ich hiermit nachkommen. Wer ich überhaupt bin, fragen Sie? Nun dann folgen Sie meiner Erzählung.
Saytana oder "wenn Du zum Drahtseil gehst, vergiss die Flügel nicht"
Als Liza Genuttis das erste Mal in meine Praxis kam, dachte ich: Nein, nicht schon wieder so eine Luftakrobatin. Es war mir unangenehm, wie sie mich sofort anstrahlte. Zwanghafte Gefallsucht erahnte ich bei ihr, während sie gleichzeitig subtil um meine sofortige Sympathie bettelte. Als ich sie fragte: "Was kann ich für Sie tun?", verlor sich schlagartig ihr Strahlen und sie sah mir einen Moment lang wie erstarrt in meine Augen.
Ich muss ehrlich zugeben, anfänglich hatte es mich nicht wirklich gereizt, Liza unter meine Fittiche zu nehmen. Schon öfter hatten solche Wesen auf meiner Couch mir gegenüber gesessen und ich weiß, wie sie sein können. Man müht sich, ihnen über den oberflächlichen Drang nach Bestätigung hinaus, wahre Aufrichtigkeit beizubringen und mein Gegenüber grinst mich doch nur freundlich an und klettert schnell wieder eitel auf sein Drahtseil. Denn in höheren Sphären unantastbarer Eitelkeit schnellen Ruhm zu erfahren und die Masse dort unten staunen zu hören, das ist einfach prickelnder, als sich von den Träumen einer unerlaubten Mystik freizuspülen, um endlich mal erwachsen zu werden. Und gerade bei Liza, so wie ich sie anfänglich einschätzte, sah ich ihre Wirbel auf dem Drahtseil umso leidenschaftlicher, je höher das Seil an nur zwei dünnen Masten hängt. Doch Menschen, die innerlich zerrissen sind, glänzen häufig durch einen Reichtum zahlreicher charakterlicher Facetten. Gekoppelt an die Fähigkeit zur leichten Verwandlungskunst, entführen sie den Betrachter zuweilen in ein Labyrinth von kaum überschaubaren Denkanstößen und damit in eine Welt wortreicher Gefechte, in dem der Zuschauer Wahrheit und Dichtung bald nicht mehr unterscheiden kann. Warum diese Welt auf mich bald einen Sog ausübte, kann ich heute gar nicht mehr so genau sagen. Dennoch fühlte ich eine Faszination, um über Wahrheit und Dichtung am Ende doch zu siegen und beides ordnungsgemäß voneinander unterscheiden zu können. Vielleicht war das der Grund, warum es mir nicht gelang, Liza einfach fortzuschicken. Und vielleicht ist dies auch der Anlass, warum ich mich hinsetze, um diesen Bericht zu schreiben.
