Die Moselbande. Erzählungen

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Während der Schinderhannes im Hunsrück als Held der Armen gefeiert wurde, gab es zur gleichen Zeit ein Pendant auf der Eifelseite, das eine nicht minder wütende Bande anführte. Insbesondere im Mühlenmilieu trieb die Moselbande ihr Unwesen.

Der ehemalige Elitesoldat Hans Bast Nikolai aus dem kleinen Dorf Krinkhof war nicht nur Räuberhauptmann. Übersinnliche Kräfte sagte man dem Hünen nach. Die Menschen in seinem Dorf und viele andere fürchteten und verehrten diese Ausnahmegestalt.

Der Ruf seiner Flüche reichte ihm weit voraus. Einige dieser sollen noch heute wirken.

REZENZION:

 

Barbara Hennings, Die Moselbande, edition federleicht, 22.08.2024, 175 Seiten

Muntere und turbulente Erzählungen rund um einen famosen Räuber aus der Vulkaneifel während der Franzosenzeit

Räuber und Räuberbanden sind faszinierend. Ob Robin Hood aus dem Sherwood Forest, Rob Roy, der die schottischen Highlands als touristisches Reiseziel populär gemacht hat oder der Schinderhannes, dessen legendenhafte Überhöhung schon bald nach seinem Tod begann und der zunächst den Ruf eines Robin Hood vom Hunsrück erhielt, und dann durch Carl Zuckmayer als edler Räuber populär wurde. Zwischen Verabscheuung und Verehrung, Verurteilung und Verherrlichung genießen sie einen Ruf als regionale (wenngleich ein wenig zwielichtige) Helden.

Weniger bekannt als diese drei Beispiele ist wohl Hans Bast Nikolai aus dem kleinen Dorf Krinkhof in der Eifel, der die Moselbande anführte, auf dessen Spuren man sich heute auf Wanderwegen immer noch begeben kann. Barbara Hennings widmet sich in dem Band eben diesem Räuber und seinen Gesellen. Ich muss gestehen, dass ich zwar Rob Roy liebe und mich immer für Räuberbanden interessiert habe, aber vorher noch nie von dem Räuberhauptmann aus der Vulkaneifel gehört hatte. Ein Grund, dieses faszinierende Buch über den ehemaligen Soldaten zu lesen, der eine glänzende Karriere vor sich gehabt hätte, wenn ihn nicht – wie soll es auch anders sein – die Liebe zu Fall gebracht hätte.

Nach einer kurzen und gut lesbaren Einführung in den historischen Kontext (der man anmerkt, dass Hennings sich intensiv mit dem Hintergrund befasst hat, ihre Quellen werden in einem kleinen Nachwort auch dargelegt) und einem knappen und neugierig machenden Überblick über die Biographie des außergewöhnlichen Banditen, dem man übersinnliche Kräfte nachsagte, geht es mit den Erzählungen los. Schnell taucht man ein, in die tiefen und dichten Wälder der Eifel, die für einige Gefahren bedeuten, anderen Schutz und Heimstatt bieten. Wie Lichtungen in einem ansonsten dunklen Waldgebiet sind die Schlaglichter, die Hennings auf unterschiedliche Begebenheiten in dem Leben des famosen Räubers wirft, der nicht nur für seine Schurkenstücke bekannt war, sondern der – je nachdem, wen man fragte – als Quacksalber oder Wunderheiler tituliert wurde. Einfache Antworten bietet die Autorin jedoch nicht.

Hennings verknüpft an einigen Stellen lebendig erzählte Begebenheiten aus dem 18. Jahrhundert mit lokalen Legenden, Ereignissen aus den 1970er Jahren, denn Orte vergessen ebenso wenig wie Historiker. Dies geschieht zum Beispiel anhand des Thommermännchens, einer schrecklichen zwergenhaften Gestalt, oder auch (meine favorisierte Erzählung) beim so genannten Rachebaum.

Leseprobe (aus einer Erzählung mit dem Titel „Der Rachebaum“)
„Dabei war der Wald schon immer ein Ort der Ängste und Flüche, aber auch Zufluchtsort gewesen. So war man in ihn hinein aber auch aus ihm hinaus geflüchtet. Doch die eigentliche Aufgabe des Baumes war über Jahrhunderte hinweg, dem Menschen mit seinem Stamm und Mark lediglich von Nutzen zu sein. Heute ist man schlauer. Mit einer sensibleren Sichtweise geht man inzwischen an die stillen Riesen des Waldes heran. Ein Eigenleben wird den Bäumen nachgesagt. Man ist sogar geneigt, denen Glauben zu schenken, die behaupten, die begrünten Bewohner einer weiten Flora können sogar Schmerzen empfinden. Ein eigenes Gedächtnis soll ihnen zu eigen sein. Wissenschaftlich ist heute bewiesen, dass Bäume sich als Teil einer Gemeinschaft begreifen.“ (53).

Doch ist ein Baum auch in der Lage Rache zu üben? Es geht dabei um die so genannte Kurzmanneiche in einem Waldgebiet namens Reiler Hals. Und auch hier gibt es auf ein schreckliches Verbrechen aus dem 18. Jahrhundert noch ein Echo aus den 1970ern.

Ein schönes und unterhaltsam zu lesendes Büchlein, das man Menschen auch gut als Begleitlektüre zu einem Aufenthalt in der Vulkaneifel mitgeben kann – oder als Anregung, die Schauplätze einmal zu besuchen, genommen werden kann. Auch Menschen, die aus dieser Region stammen, werden sicher noch das eine oder andere entdecken, was sie vorher noch nicht wussten.