Covertext
Szenen einer Stammkneipe – das Leben ist lustig –
Was würden Sie machen, wenn Sie morgens aufstehen und beim Brötchenkauf an der Ecke zufällig über die Gestalten der letzten Nacht stolpern, die in Ihren Träumen geisterten. Doch einer der Schatten entschuldigt sich nur, weil er auf Ihren Fuß trat und verschwindet mit einer Tüte Mohnkuchen unter dem Arm geschwind durch die Tür. "Pardon"!
Seltsam. Seltsam.... Vielleicht waren bei dieser Erscheinung Ihre Nerven nur etwas überstrapaziert, da Ihnen im Urlaub die Oma geklaut wurde und nun..........wer würde Ihnen diesen Diebstahl abkaufen, wenn irgendwo in Schreibstuben von redlichen Advokaten eine drohende Anzeige wegen Erbschleicherei ihrer letzten Unterschrift harrt. Tja, es sei Sie denn, Sie stehen zu Ihrem Verlust und mausern sich doch noch zum Held aller "Talk-Shows" um mit Ihrem erlittenen Ungemach die Gemüter der letzten weichen Seelen aufzuwühlen.
Nun: Es liegt an Ihnen, sich eher zu den immer wieder neugierigen Stadtratten zu zählen oder sich doch lieber unter schillernden Paradies Vögeln heimisch zu fühlen.
Wie auch immer Sie sich entscheiden. Mit Szenen einer Stammkneipe tauchen Sie ein in Kurzgeschichten und Gedichte, die Ihnen erlauben, einmal mal skurril oder romantisch, mal kritisch melancholisch oder durchaus erotisch
hier und da......................
„Das Leben lustig zu finden“.
Leseprobe
Briefe aus Kuba
"Bis zum Morgengrauen möcht ich deine Lippen berühren
wenn unsere Seufzer mit den Farben eines neuen Tages verglühen -
Liebe bedeutet
in Flammen zu stehen
lodernd mit dem Liebsten
zu einem Guss vergehen."
Hans liebt die Frauen. Und dass die Pfeile seiner Begehrlichkeit manchmal mehrere gleichzeitig treffen, das ist eigentlich nicht wirklich seine Schuld. Bei Hans ist das nun einmal so. Hans stammt aus einer Familie mit Tradition im Baugewerbe. Was man ihm nicht ansieht. Im Gegenteil: mit seiner Dauerjeans, seiner pechschwarzen fast bedrohlichen Bomberjacke und seinem ewig unruhig suchenden Blick wirkt er eher wie ein Kfz-Mechaniker auf der Suche nach seiner verlegten Zylinderkopfschraube. Seinen Namen trägt er quasi als Abbild seiner Gestalt: kurz, praktisch und quadratisch. So erweckt auch sein säbelbeiniger Schritt den Eindruck, alles Nachgiebige und Weiche schonungslos zur Seite zu schieben, was ihm während seiner nächtlichen Streifzüge den Weg versperrt. Na, wer weiß. Jedenfalls konnte Hans es nicht unterlassen während seines letztes Urlaubs auch auf Kuba seine amourösen Spuren zu hinterlassen. Als die Kubanerin Yolanda den blondgelockten, grünäugigen Jüngling erstmalig erblickte, erhoffte sie in all ihrer Unschuld gegenüber Europäern, der Himmel habe ihr allein einen unberührten Heiligen aus einer sauberen, reinen Welt beschieden. Denkste Puppe, sie konnte ja nicht riechen, daß Hans kurz vor ihrer Begegnung zwischen Nachtpension und Strandbar schnell mal eine quietschend blonde Kanadierin in einem amerikanischen Oldtimer vernascht hatte. "Hasta la vista Baby." Und da Hans nun mal bekanntlich nichts stehen lässt, verfiel er kaum unter tropischen Palmen sein Handtuch ausgebreitet, geschwind dem nächsten Liebeszauber. Seitdem erhält Hans per Post Erotik-Verse , geschrieben an den Ufern eines Meeres, dessen flimmerndes Türkis einen endlosen Horizont in ein schimmerndes Firmament verwandelt.
"Weißt du, was es heißt, auf den Psalm der Liebe zu hören,
der dich zum Leben erweckt,
dass jeder Atemzug für dich bedeutsam wird
wenn Traurigkeit deine Seele erobert
oder mit taumelnden Genuss meine Haut nach deiner fiebert."
Tja und während drüben aus der Feder der schönen, geduldig harrenden Yolanda brennende Liebesverse fließen............................., bewegen sich hüben die Mühlen nach ihrem gewohnten Takte. Der Mensch ist nun einmal wankelmütig. Alles Schöne dient ihm zur Ehre und zur Stabilisierung seiner Selbst, was nicht unbedingt heißen muss, dass er sich an die Quelle seiner Muße für immer erinnern mag. Denn kaum, dass unser Hans berührt und erwärmt den Brief aus der fernen Sonneninsel in seiner Tasche verschwinden lässt, da erblickt er sie. Christine . Sie hat das Gesicht eines Engels mit einem Schuss verlockender Verruchtheit darin. Und noch mehr faszinierten Hans ihre rasanten Kurven unter einem hauchdünnen Textilgewebe, zusammengehalten von unwirklich mickrigen Schleifchen, die er bereits im Geiste genussvoll und in Zeitlupentempo herunterzupfte. Für Hans genau das Richtige. Nun war für ihn ein Augenblick angekommen, den er später nur als schwarzes Loch seines listigen Gedächtnisses entschuldigte oder als tosende Hölle des Irrsinns begreifen mochte. Ein Zögerer und Zauderer in Liebesdingen ist er nie gewesen. Beobachter sahen nur noch, wie er mit beiden Händen an der Wand aufgestützt, Christine zwischen seinen protzigen Oberarmen einklemmte, die schwer atmend vor Ungemütlichkeit einem liebesbedürftigen Schmusebär kaum entkommen konnte.
Nun betrachten Menschen, sie sich von zündenden Funken jäh verführen lassen, ihr Umfeld häufig nur durch die Ausschnitte, die mal gerade ihren Sinnen schmeicheln. So war Hans Späherblick eins entgangen. Christine war nicht allein. Sie war die Freundin einer Lesbe. Diese wiederum hatte keineswegs vor, sich von diesem breitbeinigen Schnösel die Wurst vom Brot ziehen zu lassen. Kerstin war ein burschikoser Typ und eine Frau von erstaunlicher Entschlusskraft. Sie stand wie ein Bollwerk im Leben und hatte auf Grund dieser Eigenschaft mit klaren Taten schon Einiges für sich entschieden. So sah Hans auch nicht, dass Kerstin trotz seines Eingriffs in ein fremdes Terrain die Situation keineswegs zu entgleiten schien. Und er ahnte erst gar nicht, dass Kerstin seit vielen Jahren als aktives Mitglied in einem Boxverein schon einige Preise für erfolgreiche Kämpfe abgeräumt hatte. "Hey, lass die Frau in Ruhe!" "Sag, mal, hab ich die Null gewählt, dass du dich meldest?" Kerstin fackelte nicht lange. Sie packte einen zappelnden Hans an dem Revers seiner Bomberjacke und zerrte ihn raus vor die Tür. "Mach Dich vom Acker, du Pinscher." Mit diesem Worten schwang Kerstin kurz und bündig ihre starke Rechte.
Hans sah sich verstohlen um, als er die letzten Zeilen seiner Post mit klammen Herzen überflogen hatte. Noch Tage später las er seine Liebesverse aus Kuba mit dunklen Gläsern auf seinem leicht verbeulten Zinken. Denn Kerstin hatte ihm in Erinnerung an die leuchtenden Farben seines ehemaligen Urblaubsparadieses ein schimmernd blaues Veilchen verpasst.
"Ich lebe, um allein dein Bild in mir zu tragen
streichele in Gedanken dein Gesicht
um dich und mich
in den Momenten der Einsamkeit
zu mir zu träumen."
Oh, Hans, so dein liebes Gesicht vor meinen Augen, vergehe ich, weil ich nichts von dir höre, so sag doch nur, was treibst du so? Für immer in Liebe,
Deine Yolanda